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Ähnlichkeitshemmung

Lernaufwand ist nicht linear!

Wenn du 10 Vokabeln in 10 Minuten lernst, würdest du dann 100 Vokabeln in 100 Minuten lernen?

Die Antwort ist leider für die meisten Normalsterblichen: Nein.

Es dauert länger. Je nach Stoff und Vorkenntnissen steigt der Aufwand eher quadratisch zur Stoffmenge. Warum ist das so?

Informationen stören sich gegenseitig

Wenn dir jemand erzählt, das Wort Liebe wird auf Mandarin ai ausgesprochen, wirst du das durchaus für die nächsten Tage behalten können. Ich ignoriere jetzt mal das Problem mit der Tonalität der Deutlichkeit halber.

Aber, wenn jetzt noch die Worte kai (anfangen), mai (kaufen), tai (zu sehr) und lai (kommen), dazukommen, wird die Sache schon schwieriger, und auch wesentlich schwieriger als man vermuten könnte durch das hinzufügen von nur vier Vokabeln.

Die zwei ineinander überfließenden Gegensätze jedes Lernvorgangs sind Differenzieren und Assoziieren, also unterscheiden und vergleichen. Im Beispiel mit diesen fünf Vokabeln bedeutet assoziieren, dass alle diese Wörter den Laut "ai" beinhalten.

Unterscheiden bedeutet, dass die Bedeutung von einem einzigen Buchstaben abhängt. Für uns Deutsche ist das ein schwieriges Konzept, Buchstaben, auch Konsonanten sind einfach nicht so wichtig für uns. Wir verstehen selbst "ch koe na aue" als "Ich komme nach Hause" obwohl einige Laute fehlen. Wir unterscheiden Worte, also Kombinationen aus einer oder besser mehrerer Silben.

So, und jetzt, ohne nochmal nachzuschauen, was war die deutsche Bedeutung von "lai"? Wenn du die Antwort wusstest (jetzt schau noch mal nach) dann weil du die Unterscheidung gelernt hast.

Konsequenzen

Die wichtigste Konsequenz ist, dass große Stoffmassen einfach ein anderes Spielchen sind als Kleinere. Besonders wenn die Details und vor allem Kombinationen ähnlich aber nicht gleich sind. Zum Beispiel Symptome von Krankheiten. Oder lateinische Endungen. Oder sogar lateinische/griechische Wörter für Nicht-Altsprachler.

Mnemotechnik und Ähnlichkeitshemmung

Die Bilder, die wir für Stichworte machen, sollten also nicht nur auf Assoziation zum Stichwort beruhen, sondern auch die Differenzierung zu anderen Wörtern berücksichtigen.

Einfaches Beispiel: Muskeln. Jeder Muskel heißt auf schlau mit Vornamen "musculus". Dafür könnte man das Bild "Maus" verwenden, oder "Muscheln" oder was auch immer.

Für eine Liste aus mehreren Muskeln taugt das natürlich nichts!

Beispiel drei Muskeln:

  1. M. biceps femoris
  2. M. latissimus dorsi
  3. M. triceps brachii

Wie schon erwähnt, Mäuse taugen hier nichts als Bilder. Stattdessen lieber "biceps" als Bizeps (Popeye-style zum Beispiel), "Latte" oder "Cafe Latte" für "latissimus" und ein Dreirad für "triceps".

Die letzten Worte habe ich weggelassen, da diese Bilder schon die richtige geistige Schublade aufstoßen. Normalerweise. Aber nicht jedes Gedächtnis ist gleich!

Endungen

Endungen brauchte ich mir nicht so sehr merken, da ich einigermaßen vertraut war mit der lateinischen Sprache und ich den Rest eh schon oft genug wiederholt hatte.

Wer Probleme mit Endungen hat, sollte sich ein System zurechtlegen, mit dem das Bild für den Stamm des Begriffes verändert wird. Zum Beispiel für "-us" wird das Bild verkohlt, für "-a" eingeschäumt, für "-i" eingefrohren und so weiter.

Lociliste gegen die Verwirrung

Das Schöne an der Lociliste ist die feste Reihenfolge. Alles hat seinen Platz, nichts geht verloren und wenn doch, so weiß man wenigstens dass ein bestimmtes Detail fehlt. Aber meistens hat die Reihenfolge keinen tieferen Sinn. Meistens stammt sie direkt aus dem Skript oder Buch. Das ist nicht verkehrt, sondern enorm praktisch und spart Zeit.

Manchmal aber macht es Sinn, den Effekt der Reihenfolge stärker auszunutzen indem du sie gezielt entwirfst. Zum Beispiel die Unterscheidung grampositiver von gramnegativer Bakterien. Hängst du die Bakteriennamen alle auf eine Liste auf, so dass zuerst die grampositiven Bakterien abgehandelt werden, dann die gramnegativen, so braucht man sich nur noch die Grenze zu merken, was in der Praxis viel einfacher und unproblematischer ist, als es vielleicht auf den ersten Blick scheint.

Schon hat man eine eindeutige Zuordnung: Sobald du dich an das Bild erinnerst, fällt dir ein, wo das Bild verknüpft ist, ob vor oder nach der Grenze.

Ich habe dieses spezielle Problem damals mit zwei verschiedenen Locilisten gelöst. Das ist noch einfacher, und bot sich durch die Masse an Bakterienspezies an.

Im Bereich der Anatomie gibt es das Beispiel der Unteram- und Unterschenkelmuskeln. Die eine Sache ist, die für das jeweilige Testat zu lernen. Viel schwieriger ist es, beide gleichzeitig zu können für die Abschlussprüfung!

Also lernt man die Muskeln für den Unterarm auf der einen Liste, die für den Unterschenkel auf einer anderen. Keine Verwirrung mehr!

Auch Symptomlisten sind kein Problem. Wenn jede Krankheit eine eigene Route hat, dann bekommt jedes einzelne Symptom seinen Platz. Durch die Verknüpfung zwischen Platz und Symptom ist die Kombination der Symptome pro Krankheit für das Gedächtnis absolut eindeutig definiert.

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